Donnerstag, 27. Mai 2010

Elbrus – „Top of Europe“ oder die letzten tausend Höhenmeter

14. Mai 2010. Flug über Moskau in die russische Kleinstadt Mineralnye Vody. Das bedeutet Mineralwasser. Beim auscheken am Flughafen Hektik, eine Traube von Taxifahrern buhlt um die Gunst der Reisenden, die Europäer in der Minderheit. Schwer bepackt entern wir einen Kleinbus. Murat hatte die besten Kontakte zu den "Vermittlern", und somit nun die Aufgabe uns in das Baksan Tal am Elbrus zu bringen. Etwa 200km einfach. Doch zuerst müssen wir noch Geld wechseln. In zwei verschiedenen Banken passiert nicht viel. Lange Schlagen, keiner wird bedient. Dann eben zu den Händlern am Markt. Der Kurs nicht schlecht, auch nicht gut. "Problems with Greece in Europe..." sagt der Wechsler. Wir verstehen. Und brauchen Bares.

Am Abend im Baksan Tal, nach 40 Stunden ohne Schlaf. Die Herberge scheint noch nicht ganz fertiggestellt. Auf die Frage, wann sie denn fertig sei, die Antwort: seit drei Jahren wird schon gebaut. Wohl immer nach der Saison wenn wieder Geld da ist, denn jetzt ist es ruhig. Trotzdem, die Unterkunft ist gemütlich, quasi ein alpiner Gasthof im fernen Rußland. Mit einfachem Komfort, den man nach langen Touren gerne hat. Dusche, Bett, Abendessen.

In den nächsten Tagen unternehmen wir Touren vom Tal aus. Von Klassikern wie dem Gipfel des Cheget bis hin zu eher sportlichen Zielen im Adyl Su Tal. Dort verabschiedet sich dann auch die Bindung von Franks Leichtgewichtsski. Mit Hilfe von Andrej – unserem „local Manager“ – hat Frank am nächsten Tag ein nagelneues Paar Ski. Die sind zwar nicht mehr „lightweight“ aber werden wohl nicht am Berg auseinanderfallen. So quälen wir uns auch an einem Tag bis auf 4400m an den Hängen des Elbrus hinauf. Nicht zu schnell, immer locker. Akklimatisieren ist angesagt. Die Luft wird hier schon langsam dünn – und noch wissen wir nichts von dem einsamen Russen, der am Gipfeltag seine durch Pausen unterbrochene Intervalle in Richtung höchstem Punkt noch auf 5300m durch eine kurzweilige Raucherpause unterbrechen wird. Der Kopf spielt eben doch eine große Rolle, auch wenn die Lunge durch Teer geschwärzt ist.

Drei Tage haben wir eingeplant für den Weg zum Gipfel auf 5642 Metern. Wir sind nicht gut akklimatisiert und wollen eine Nacht auf den Barrels (die „Tonn
en“, mehrere lange Tonnen für bis zu sechs Personen) auf 3700 Metern und eine Nacht auf der Dieselhütte (4100 Meter) verbringen.

Am morgen im Tal, der Blick aus dem Fenster. Sturm, die Schneefallgrenze gegen 2000 Meter sinkend. Doch das Wetter bessert sich. Auch die Meteorologen in Innsbr
uck haben Wetterbesserung vorausgesagt. Und sie haben natürlich recht. Wir erreichen die Tonnen noch bei Schneefall, schon am Nachmittag ist der Gipfel aber wieder zu sehen. Die Nacht erholsam. Unterbrochen für eine Stunde zwischen drei und vier Uhr morgens, als sich ein norwegisches Paar mitsamt Führer fertig macht für den Gang zum Gipfel (Zitat des einheimischen Guides am Vortag: „Ich glaube zwar nicht daß wir hochkommen, aber wir versuchen es!“). Unterstützen lassen sich nahezu alle Gipfelaspiranten von einer Pistenraupe. Diese wird um vier Uhr morgens bestiegen und bringt die seelenlosen bis zu den „Pastukhova Felsen“ auf 4600 Metern. Die letzten Tausend Höhenmeter warten.

Wir schlafen aus. Und gehen Mittags weiter zur Dieselhütte. Dort herrscht Timur. Er ist der Hüttenwart, spricht auf alle – seiner Sprache mächtig oder nicht – auf russisch ein und heizt nur sein eigenes Zimmer mit der wohligen
Wärme eines Holzofens. Im Laufe des Nachmittages stolpern eine ganze Reihe Italiener zur Hütte herein. Sie alles Füßgänger, und deshalb auch gezwungen noch eine Nacht im Abstieg vom Gipfel auf der Hütte einzulegen. Italiener, doch schon gegen acht Uhr löst sich die Runde am großen Tisch auf. Der höchste europäische Gipfel hat auch ihnen die Kraft fürs laute Feiern geraubt.

Die Nacht ist kurz, der Tag beginnt um drei Uhr früh. Schnee schmelzen, frühstücken, viel trinken, Gesicht eincremen, Sturmhaube aufsetzen, Neoprengamschen anziehen, und vor allem: nichts vergessen. Und dann in die Skibindung und mäßig geneigte Hänge aufsteigen in Richtung Sattel zwischen den beiden Gipfeln. Von oben lautes Gebrumme, die Pistenraupe. Und es ist noch dunkel. Mit der Stirnlampe gleich Warnzeichen in Richtung der Raupe abgeben und aus der eingefahrenen Spur treten. Alpine Gefahren am Elbrus.

Der Wind weht heftig, doch es ist nicht sonderlich kalt. Minus 10 Grad. Bald schon sind wir bei den Pastukhova Felsen, eine lange Querung leitet in den Sattel zwischen West- und Ostgipfel. Eine ganze Reihe von Bergsteigern geht zum niedrigeren Ostgipfel. Vor uns am Sattel nur noch der einsame Russe. Rauchend auf über 5000m. Die Gipfelflanke zum Westgipfel ist abgeblasen, mit Steigeisen an den Füßen und den Skiern am Rucksack steigen wir in Richtung höchstem Punkt. Eine lange, fast ebene Querung führt die letzten Meter hinüber zum Gipfel. Dort sitzt schon der Raucher und bittet sogleich darum ein Photo von ihm zu machen.

Hinab ist es hier oben auch mit Ski beschwerlich. Die Hänge verblasen und hartgefroren ziehen bei der Abfahrt sämtlichen Sauerstoff aus den Beinen. Auch der Kopf schmerzt jetzt. Nach jeweils dreißig Höhenmetern folgt eine Pause. Doch irgendwann sind wir wieder bei Timur auf der Hütte. Wir packen unsere Schlafsäcke ein und fahren weiter ab. Vom Gipfel bis ins Tal sind es insgesamt 3200 Höhenmeter. Doch auch die sind irgendwann geschafft. Wir sind kaputt, und glücklich. Und haben immerhin nicht nur die letzten tausend Höhenmeter aus eigener Kraft bestiegen.

Zum Schluß bleiben natürlich einige Fragen offen. Wo ist eigentlich der Olympiasieger aus Österreich abgeblieben? Hat Andreas Altmann schon den Kaukasus besucht? Und vor allem: wäre der rauchende Russe ohne Zigaretten eigentlich schneller gewesen!? Das glaube ich nicht.

Samstag, 31. Oktober 2009

Go East - Elbrus 2010

Russland, weit weit weg. Und der Elbrus (5642m) mittendrin. Naja, eher weit im Süden des alten Zarenreiches, an der Grenze zu Georgien im Kaukasusgebirge gelegen. Ein Prestigegipfel für viele. Denn je nach Definition gilt er und nicht der Gipfel des Mont Blanc über Chamonix als der höchste Gipfel Europas - und zählt damit zu den berühmten „7 Summits“, den sieben höchsten Erhebungen der Kontinente. Und diese Definition hat sich mittlerweile eingebürgert unter den weltweit jagenden und sammelnden Bergsteigern.

Das Vergnügen, die höchsten Gipfel aller Kontinente zu erreichen, war Mitte der Achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts zu einem alpinsportlichen Wettstreit ausgeufert, an welchem naturgemäß auch der südtiroler Lehrer R.M. beteiligt war. Ursprünglich stammte die Idee von Dick Bass, einem amerikanischen Geschäftsmann auf der Suche nach sportlichen Herausforderungen. Bass erreichte sein Ziel am 30. April 1985 und stand damit als erster Mensch auf den „7 Summits“. Er bestieg dabei als höchsten Gipfel Australiens den Mount Kosciuszko, mit 2228m jedoch nur ein erbärmlicher Buckel, gemessen an den restlichen Aufgaben.
Der Kanadier Patrick Morrow mit geologischem Grundverständnis erklärte daraufhin, man müsse doch den höchsten Berg der gesamten Australischen Erdplatte besteigen, und dieser wäre die Carstensz-Pyramide auf Neuguinea. Diese Variante der „7 Summits“ wird mittlerweile als die übliche angesehen, gerade weil die Cartensz-Pyramide schwierig zu besteigen ist und so ein weiteres Abenteuer garantiert. Viele Sammler wollen ganz sicher gehen und besteigen beide Gipfel. Messner erreichte im Dezember 1986 den Gipfel des Mount Vinson in der Antarktis und komplettierte damit die Sammlung in der Carstensz-Variante. Vier Monate zuvor hatte jedoch schon Pat Morrow auf dem Gipfel des Elbrus gestanden und damit dieses „Rennen“ für sich entschieden.

Wie auch immer: berühmt wird heute an den 7 Summits keiner mehr. Über 200 Bergsteiger haben sich mittlerweile in die begehrte Liste eingetragen, viele weitere werden folgen.

Liste der 7 Summits

7-Summit-Speed-Project Christian Stangl

Montag, 31. August 2009

Back home

Also: den Koskulak haben wir besteigen können. Am Muztagh Ata sind wir dann knapp unter dem Gipfel „hängen geblieben“. Hier ein paar Photos- Geschichten dazu dann mündlich...





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...und nächstes Mal brauchen wir wohl ähnliche zusätzliche Unterstützung ( http://www.youtube.com/watch?v=MRLegFQVFz0 ) - dann klappts vielleicht auch mit dem zweiten Gipfel;-)



Montag, 6. Juli 2009

2 mal 7000

Als ob ein hoher Berg nicht schon genügen würde: bevor wir auf den Muztagh Ata (7564m) steigen, werden wir nun versuchen uns zuerst gemächlich am Nachbarberg Koskulak (7064m) zu akklimatisieren. Nach einigen Ruhetagen wollen wir dann in einer „schnellen“ Aktion auf den Muztagh Ata. Soweit der Plan. Was auch immer schnell bedeuten wird. Für ein optimales Timing werden wir außerdem die Möglichkeit haben, eine regionale Wettervorhersage von Dr. Karl Gabl aus Innsbruck zu erhalten. Dafür schon im Voraus herzlichen Dank! (mehr zum Thema)

Mittwoch, 3. Juni 2009

Skitouren im Berner Oberland

Jungfraujoch - Mönchsjoch - Fieschersattel - Finsteraarhornhütte - Großes Wannenhorn (3906m) - Grünhornlücke - Konkordiahütte - Jungfrau (4158m) - Jungfraujoch

Samstag, 16. Mai 2009

Der ideale Skiberg

Der Muztagh Ata (7546m) befindet sich im Grenzgebiet zwischen China, Kirgisien und Tadschikistan. Da also, wo auch durchaus gebildete Menschen zur Orientierung eine Landkarte benötigen. Die Anreise wird uns über die Hauptstadt Kirgisiens Bishkek über die alte chinesische Handelsstadt Kashgar zum Berg führen. Den Transport bis zum Basislager haben wir mit einer lokalen Agentur vor Ort in Kashgar organisiert - aufgrund der Permitgebühr für den Berg sowie der strikten chinesischen Herrschaft ist dies auch unbedingt nötig. Einfach hinfahren und auf den Berg steigen wie in den Alpen oder in Südamerika bleibt hier eine Wunschvorstellung. Ist die bürokratische Hürde überwunden kann es los gehen. Akklimatisieren. Steigen. Akklimatisieren. Warten. Steigen. Etc.


Bei einem Berg von weit über 7000 Meter als "idealem Skiberg" zu sprechen ist natürlich schon ein starkes Stück. Die Form sollte also durchaus stimmen, wenn man in dieser Höhe noch einige Powderlines in den Neuschnee legen will;-)